Glaubst Du, dass Deine Methode etwas für 'Jedermann' ist ?

Zunächst einmal sehe ich BRASS MYSTERIES  gar nicht als Methode, sondern will Dir vielmehr mit meiner zum Teil philosophischen Betrachtungsweise aufzeigen, wie einfach und natürlich es sein kann ein Blechblasinstrument zu spielen.
Du sollst erkennen wie viel schon Du von Haus aus (das heißt : von Geburt an) richtig machst.  Dies allein, die beschriebenen praktischen Übungen, sowie die Erkenntnis den Kopf zu gegebener Zeit auch mal auszuschalten wird bei Dir etwas verändern. Sobald Du einige der einfachsten Funktionsweisen Deines Körpers verinnerlicht hast, wirst Du Dich sicher ein bisschen leichter tun und effizienter spielen.


Warum bist Du in Deinem Buch nicht näher auf die Zungenstellung eingegangen ?

Darauf bin ich deshalb nicht näher eingegangen, weil sich hier mal wieder die Geister völlig scheiden und ich der Meinung bin, dass andere (nämlich die ausführlich beschriebeneren) Funktionsweisen wichtiger sind.
Wenn Du mit der gleichen Luftsäule und Zungenstellung mit der Du das Blatt Papier an die Wand 'klebst' einen Ton auf Deinem Instrument spielst, hast Du bereits einen richtig fetten Sound.
Dann spielt es keine Rolle mehr, ob Du dabei "ta", "tü", "tä", "di", "du", oder welche Silbe auch immer, aussprichst. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es falsch sein kann einem Schüler vorzuschreiben welche Silbe er sich vorstellen muss.
Der eine spielt mit einem gesprochenen "e" offener als mit einem "a" und bei einem anderen Schüler wiederum klingt der Sound mit "ä" breiter als wenn er sich ein "o" vorstellt.
Im Einzelunterricht gehe ich, was die Silbennennung anbelangt, gezielt auf den jeweiligen Schüler ein und versuche mit ihm zusammen herauszufinden wo und wie er am offensten klingt.

Selbst bei 'High-Notes' scheiden sich die Geister, was die Zungenstellung anbelangt. Es gibt mindestens genauso viele Methoden die ein offenes "a" propagieren (dann wird die Luft nur durch die 'Stütze' beschleunigt) wie Methoden die auf einem "i" (engl. "e") bei hohen Tönen bestehen. Im letzteren Fall funktioniert die Zunge als eine Art 'Zusatzkompressor' um die Luft 'schneller zu machen'.


Kannst Du mir erklären um was genau es sich bei der sogenannten 'Zirkularatmung' handelt ?
Auch wüsste ich gerne wie man die üben kann.

Um den Begriff in aller Kürze zu erklären : Das bedeutet, dass Du gleichzeitig ein- und ausatmest. Was natürlich zur Folge hat, dass Du einen Ton theoretisch 6 Tage lang halten könntest, ohne abzusetzen und ohne jegliche Unterbrechung des Tones.
Wobei diese Beschreibung eigentlich nur sinnbildlich zu verstehen ist, denn niemand kann gleichzeitig ein- und ausatmen.  Das ist anatomisch unmöglich.
Praktisch sieht das vielmehr so aus, dass Du, während Du einatmest, die 'Restluft' im Mund einfach kontrolliert und durch die Zunge komprimiert ausströmen lässt.

Die einfachste Methode dies genau zu erklären ist wieder einmal eine kleine praktische Übung  :

Nimm' einfach einen kräftigen Schluck Wasser in den Mund und halte einen Strohhalm bereit. Lass' das Wasser im Mund und schlucke es nicht runter. Jetzt bläst Du ganz langsam das Wasser durch den Strohhalm und versuchst dabei gleichzeitig einzuatmen.
Du wirst feststellen, dass das sofort funktionieren wird - und zwar ganz einfach weil auch dies wieder 'mal ein ganz natürlicher Vorgang ist.

Wie Du siehst, ist auch die Zirkularatmung kein Mysterium, sondern eine ganz einfache Angelegenheit, die sich nahezu von allein erklärt.
Lediglich die Übertragung/Umsetzung auf das Instrument erfordert ein bisschen Übung und Praxis.

Beim Spielen des Didgeridoos stelle ich mir heute übrigens noch ganz oft diese kleine Übung vor.


Du hast innerhalb Deines Buches mehrfach geschrieben, dass es wichtig ist 'Pausen' zu machen. Weshalb ist das so wichtig ?

Ich denke, dass ich noch gar nicht oft genug darauf eingegangen bin WIE wichtig es ist nach  jeder Etüde (oder nach jedem Stück) mindestens genauso lange zu pausieren wie Du gespielt hast.
Und nach Heavy-Gigs kannst Du auch ruhig 'mal 1-2 Tage (!) die Kiste in der Ecke liegen lassen.
Das 'wieso und weshalb' hat 2 Hauptgründe, die ich am besten anhand einer alten wissenschaftlichen Studie erkläre.

Muskelaufbau & Muskelerhaltung

Sportwissenschaftler haben bereits in den 60er Jahren innerhalb einer Studie herausgefunden, dass Metzger im Durchschnitt eine größere Muskelentwicklung  vorzuweisen hatten als Männer, die in anderen Berufen arbeiteten. Zu dieser Zeit verlangte man von den Fleischern, dass sie die ganzen schweren Arbeiten am Tag 1 ausführen sollten (Schlachten, Aufhängen und Tragen des Fleisches etc.), während sie am darauf folgenden Tag nur mehr körperlich leichtere Arbeiten ausführten (z.B. das Zerteilen des Fleisches).
Nach weiteren Untersuchungen fanden die Wissenschaftler heraus, dass Menschen, die täglich die gleichen Muskelpartien stark beanspruchen, keine vergleichbare Muskelbildung hatten.
Erklärt haben sie das wie folgt :
Durch die tägliche Beanspruchung der gleichen Muskeln wird ein Teil des Gewebes bis zu einem gewissen Grad (durch die immer wiederkehrende schwere Arbeit) zerstört.
Werden am darauf folgenden Tag andere Arbeiten ausgeführt, bei der auch andere Muskelpartien beansprucht werden, so können die Blutzellen das angeschlagene (oder zerstörte) Muskelgewebe nicht nur wieder herstellen, sondern es geht sogar verstärkt aus dieser 'Pause' hervor.

Ich bin kein großer Freund und Anhänger wissenschaftlicher Studien.
Aber in diesem Fall scheint mir die Art der Erklärung mehr als plausibel und für unsere Zwecke hilfreich.

Ein Gewichtheber baut ja auch seine Muskeln auf, in dem er ein MAXIMUM an Gewicht mit einem MIMINUM an Wiederholungen hebt.


Ich verstehe zwar was Du mit der 'Luftballon-Übung' sagen willst, aber kann mir das immer noch nicht so richtig vorstellen.
Kannst Du darauf bitte nochmal ein bisschen näher eingehen ?

Also es geht um das Thema 'Luftkompression' (schnelle Luft) und ich habe versucht das anhand des Beispiels Luftballon zu erklären.
Gerne will ich Dir aber noch ein weiteres Beispiel nennen, das vielleicht noch ein bisschen besser und einfacher verdeutlicht was denn da im Körper mit der Luft eigentlich passieren muss um sie zu beschleunigen.

Stell' Dir vor es ist Sommer, Du stehst in Deinem großen Garten und musst die Pflanzen gießen. Der Gartenschlauch ist aber zu kurz und Du kommst somit mit dem Wasserstrahl nicht in jede Ecke Deines Gartens.
Was tust Du ?
Du wirst selbstverständlich den alten 'Gärtnertrick' anwenden und die Öffnung des Schlauchs mit dem Daumen zusammendrücken.
Denn Du weißt ja, dass, wenn Du dies tust und mit Deinem Daumen mehr Widerstand erzeugst, der Wasserstrahl weiter und schneller aus dem Schlauch geschossen kommt. So kannst Du den Strahl (je nachdem wie stark Du komprimierst) verdoppeln bis verdreifachen und jede Pflanze Deines Gartens bekommt Wasser.

Ähnlich verhält sich das mit/in Deinem Körper - nur dass nicht das Wasser, sondern die Luft schneller wird.
Und schnelle Luft brauchst Du wenn Du hohe Töne spielen willst.

Versuch Dir vorzustellen, dass Du die Luft wie einen Laserstrahl aus Deinem Körper schießt !


Hast Du manchmal auch Probleme beim Spielen und wenn ja, was sind das für Probleme und wie würdest Du diese beschreiben ?

Was diese Frage anbelangt geht mir die Selbstherrlichkeit einiger Kollegen voll auf die Nerven die allen ernstes behaupten "If you exactly do what I say - you can exactly play what I play - ANY DAY".

Ich bin weder Gott, weder möchte ich mit erhobenem Zeigefinger durch die Gegend laufen, noch habe ich den Stein der Weisen gefunden. Deshalb bin auch ich beim Spielen allen mentalen und physischen 'Fallen' ausgesetzt - genau wie Du und jeder andere auch.

Das einzige was dagegen hilft, ist das eigene Spiel auf so ein Level zu heben, dass man auch mal 'schlechte Tage' (vornehmlich mental gesehen) durchziehen kann ohne gleich in ein Loch zu fallen.

Mein erster Lehrer hat mir immer folgendes gesagt :
"Du musst Deinen  Mist zuhause 180 %ig spielen können um auf der Bühne immer und jederzeit und auch an schlechten Tagen 100 % geben zu können."

Das habe ich mir wirklich frühzeitig hinter die Ohren geschrieben und finde, dass er mit seiner Aussage recht hat.


Ich habe manchmal so ein 'Stechen im Schritt' wenn ich spiele. Was ist das und kennst Du auch dieses Phänomen ?

Ich kennen das (gottseidank) nur von Kollegen. Bitte gehe unverzüglich zum Arzt !
Das sind erste Anzeichen eines Leistenbruchs !


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